2018: Toskana, Abruzzen

Nach einem Jahr Pause waren wir dann endlich wieder gemeinsam unterwegs. Wohin sollte die Reise gehen? Sardinien ist zwar das Eldorado für Mopedtouren, da waren wir aber nun schon zweimal und entweder fährt man da jetzt immer hin oder man probiert auch mal was anderes. Toskana war unsere erste Tour, damals mit anderen Mopeds, das wollten wir uns nochmal ansehen. Diesmal wollten wir übrigens mal wieder nicht sternförmig fahren, d.h. nicht jeden Abend in die gleiche Unterkunft zurück kommen. Auch hatten wir bis auf die Übernachtungen in dem Hotel, bei dem wir Auto und Hänger stehen lassen wollten, nichts vorgebucht.

Ein hier nicht namentlich erwähnter Bekannter sagte zu Andy „Toskana? Nehmt die Abruzzen mit, das ist total geil dort.“ Hey, gute Idee, auf an die Planung der Tour (links zu sehen). Dass es dann anders kam als geplant (rechts zu sehen), hatte zwei Gründe. Aber dazu später mehr.

Wie schon die letzten Jahre hatten wir die sehr komfortable Möglichkeit, mit Auto und Hänger in die Nähe der Tour zu fahren. Wir trafen uns (wieder) im Autohof Malsfeld, das liegt etwas südlich von Melsungen. Samstag Nachmittag gegen 14 Uhr wurde mein Moped verladen und wir fuhren noch bis Lenting bei Ingolstadt. Dort hatten wir bei Brauereigasthof Hofmark von unterwegs telefonisch zwei Zimmer bestellt. Die waren zwar etwas teurer, weil die einfache Kategorie ausgebucht war, und man sagte uns am Telefon, dass eine Geburtstagsfeier im Gange sei und es etwas lauter werden könne. Es war aber gar nicht so schlimm, das Essen war gut und wir saßen auf der Terrasse.

Sonntag dann über den Brenner bis zu unserem vorgebuchten Hotel Sapori in Tolè südlich Bologna. Der Brenner ist zwar eine gut ausgebaute Autobahn, mit der man relativ schnell durch die Alpen kommt. Theoretisch. Praktisch aber steht sich man an den Mautstellen die Räder in den Bauch. Wenn ich mich recht entsinne, haben wir auf die Weise zwei Stunden verloren. Hotel Sapori kann man sich merken, ein einigermaßen preiswertes Hotel mit gutem Essen. Extrem lecker sind „Funghi Porcini Trifolati“, sautierte Steinpilze in Öl mit Knoblauch und Petersilie (im Bild links auf dem separaten Teller). Es hat dort auch einen großen Parkplatz und Auto mit Hänger dort stehen zu lassen war kein Problem. Vermutlich auch, weil das Hotel nicht besonders gut gebucht war, wie auch andere Hotels auf der Tour. Juni scheint in Italien kein Reisemonat zu sein.

So, jetzt aber auf die Mopeds. Wir haben Montag früh und es geht los. Von Tolè aus ein kleiner Schlenker nach Norden, hier die schönsten Straßen des Tages. Dann gen Süden, östlich an Florenz vorbei und durch die Toskana. Ein schöner Tag mit etwa 400 gefahrenen Kilometern, mittags Käse/Tomate/Brot aus einem Alimentari. Abends landeten wir im Hotel La Pace in Paganico. Das liegt direkt an einer Autobahn, neben einer Tankstelle. Man wollte 50 Euro, dafür musste man sich die Fernsteuerung der Klimaanlage von der Rezeption abholen, um sie zu steuern bzw. auszuschalten, denn sie lief volle Pulle, als wir in die Zimmer kamen. Das Restaurant war auch nicht der Hit, aber immerhin konnten wir die Mopeds in eine Tiefgarage stellen.

Dienstag, wir starteten wieder früh (für unsere Verhältnisse) gegen 9 Uhr. Gen Südwesten bis nach Porto Santo Stefano auf der Halbinsel Monte Argentario, wo wir ein Eis zu uns nahmen. Dann einmal quer durchs Land nach Osten, um zu den Abruzzen zu kommen, genau genommen zuerst Marken, die Gegend nördlich der Abruzzen. Übernachten wollten wir in Ussita, in einem Hotel Crystal. Die Webseite des Hotels sah gut aus, gebucht hatten wir wie geplant nicht, also fuhren wir da mal hin. Kurz vor dem Ort hielten wir in Visso an. Der Ort ist größtenteils gesperrt, die Einwohner leben und arbeiten in Containern und umgewidmeten Gartenhütten. Und da fiel es uns wieder ein: Das Erdbeben 2016 in Italien, Epizentrum Abruzzen, Stärke über sechs auf der Richterskala. Man hätte das früher wissen können und man hätte sich auch früher informieren können. Hatten wir nicht, das war mitteloptimal. Das Hotel war denn auch folgerichtig nicht mehr geöffnet, obwohl Teile des Gebäudes noch standen. Ein Drittel der Fassade lag abgebrochen vor dem Haus, die Menschen lebten in einer Gartenhütte im Vorgarten. Auf die Frage nach einer Übernachtungsmöglichkeit wurde uns ein B&B in Visso genannt. Zurück in Visso fanden wir das aber nicht und nach einigem Rumsuchen im Web und einem Telefonat fuhren wir zurück aus den Bergen in die Ebene von Spoleto, wo wir komfortabel unterkamen im Resort Il Baio. Hier zeigt sich, wie auch bei anderen Hotels dieser Tour, dass es oft nicht empfehlenswert ist, über Buchungsportale wie HRS zu buchen. In diesen Portalen war Il Baio mit 80 Euro gelistet, vor Ort bezahlten wir 55.

Gefahrene Strecke (wegen des Umwegs) über 400 Kilometer. Die Route zwischen Toskana und Marken bzw. Abruzzen ist in der Ebene eher langweilig.

Mittwoch wollten wir dann auf die geplante Tour zurück. Uns schwante zwar, dass das mit dem Erdbeben noch weitere Auswirkungen auf die Tour haben könnte, aber versuchen kann man es ja. So standen wir dann erst mal vor einem verschweißten Bauzaun, mit dem die Route, die wir nehmen wollten, abgesperrt war. Auf dem Schild stand eine lange Litanei auf italienisch, Tenor war, dass die Straße wegen Erdbebenschäden gesperrt war. Wir haben sonst bei Baustellensperrungen schon mal versucht, ob man dennoch durch kommt. Meistens klappt das auch mit den Mopeds, wenn man mal ein bisschen Schotter akzeptiert. Hier aber war der Zaun verschweißt, kein Durchkommen und wahrscheinlich war das auch ganz gut so. Also eine größere Umfahrung, die aber fahrerisch auch ganz interessant war.

Plötzlich hielt Andy an und untersuchte sein Moped. Irgendetwas hätte vorne geknallt, gescheppert. Wir fanden nichts und vermuteten, dass irgendwas ins Rad gekommen war. Weiter Richtung Amatrice, wo wir auf die geplante Tour zurück wollten. Irgendwelche Schilder vor dem Ortseingang ignorierten wir erst mal und hielten dann im Ort an, um ein, zwei Fotos zu machen. Der gesamte Ort ist in Schutt, kaum ein Haus steht noch. Die Absperrungen sollen verhindern, dass der Abtransport des Schutts behindert wird. Eineinhalb Jahre nach dem Erdbeben sieht es dort aus wie nach einem Krieg, sehr deprimierend. Wir kehrten um und wollten um den Ort herum fahren. Andys Moped sprang da schon schlecht an, ein paar hundert Meter weiter ging dann so langsam alles aus, der Tacho, der Drehzahlmesser, die Beleuchtung und schließlich der Motor. Einmal sprang das Ding noch an um gleich wieder auszugehen. Andy meinte, seit einiger Zeit wäre die Lichtmaschinenkontrolle an gewesen. Ein Anruf bei einem Kumpel, der beruflich Mopeds schraubt, bestätigte unsere Vermutung: Batterie im Eimer.

Andy rief BMW in Deutschland an um zu erfahren, wo es Batterien zu kaufen gäbe (die sehr geringe Hoffnung, dass jemand von BMW dort vorbei käme und eine Batterie brächte, zerstörte der Mensch in München erwartungsgemäß sofort). Das Warenwirtschaftssystem von BMW wies zwei Batterien in L’Aquila und sechs in einem Ort an der Ostküste nach. Man sagte aber, dass das in Deutschland einigermaßen verlässlich sei, aber ob in Italien die Lagerbestände mit den Zahlen im System überein stimmten, könne er nicht mit Gewissheit sagen. Die Strecke nach L’Aquila war vermutlich etwas kürzer und vermutlich interessanter als die an die Küste, ich hatte auch die Hoffnung, dass man in der Stadt an einer anderen Stelle eine passende Batterie finden könnte, wenn BMW keine mehr hatte. Die Uhr zeigte nach 12 Uhr an, Fahrtzeit war über eine Stunde. Das bedeutet: Mittagspause. Ich fuhr trotzdem sofort los, wie sich herausstellte, öffnete der Laden immerhin schon um 15 Uhr wieder. Essen eingekauft, kurz mittaggegessen und die letzte (!) Batterie des Hauses erstanden sowie eine Birne für Andys Abblendlicht, was schon zwei Tage defekt war. Dem Mechaniker habe ich dann gegen Trinkgeld noch einen 10er-Schlüssel abgeschwatzt, weil das Bordwerkzeug der BMW mehr als dürftig ist.

Zurück, Batterie eingebaut, Moped sprang an. Große Freude … aber die Anzeige „Problem mit Lichtmaschine“ war immer noch an. Was kann das sein, Lichtmaschine? Falls ja, lief das Moped noch solange Saft in der neuen Batterie war. Wir beschlossen, nach L’Aquila zu fahren um dort am nächsten Tag die Werkstatt aufzusuchen (für diesen Tag war es zu spät). Ein Telefonat mit BMW ergab eine Lichtmaschine in ganz Italien, aber die immerhin in Rom, was nicht allzu weit weg war. Also fuhr ich zum dritten Mal und Andy zum ersten Mal die Strecke zwischen Amatrice und L’Aquila – leider nur bis zu einer Tankstelle am Ortseingang (BMW ist auf der anderen Seite der Stadt). Andys Moped aus, Batterie leer. Telefonat mit ADAC: Ja, die würden das Moped jederzeit abholen und irgendwo hinbringen, man müsse nur Bescheid sagen. Soweit waren wir aber noch nicht, die bessere Option, wenn alle Stricke reißen, wäre, dass ich zum Hotel Sapori fahren und das Auto mit dem Hänger abhole.

Eine Werkstatt nebenan konnte ich bewegen, mit einem Starthilfekabel von einem „Fiat irgendwas“ aus etwas Strom in die Batterie zu pumpen. Leider war dem Menschen nicht beizubringen, dass die Batterie nicht vom Moped geladen wurde und er meinte, ich solle einfach ein bisschen fahren, dann wäre sie schon wieder voll. Zack, Starthilfekabel eingesammelt. Moped wieder aus. Während Andys Telefonaten hatte ich ein Hotel gefunden und reserviert, 3,5 km weiter stadteinwärts. Aber wie dorthin kommen, ein Versuch mit Reststrom in der Batterie endete nach 50 m am Straßenrand. Ich versuchte dann, dem Werkstattmenschen, der eher zufällig immer noch da war, sein Starthilfekabel abzukaufen. Er schenkte mir ein selbst gebasteltes Kabel aus einer Kupferdoppellitze, was bei Anschluss an einen PKW vermutlich nach einer Sekunde in Rauch aufgegangen wäre. Aber für Mopeds ausreichend, damit haben wir dann zehn Minuten lang Andys Moped mit meinem geladen und konnten so zum Hotel kommen.

Am Hotel La Compagnia del Viaggiatore genossen wir das Ankommbier wie kaum ein anderes. Das Hotel ist übrigens empfehlenswert, die Zimmer sind ausreichend, das Restaurant ist sehr gut, das Frühstück ausgezeichnet. Wärend des Bieres, oder war es wärend des zweiten, rief der Mopedschrauberkumpel an. Andy sollte doch mal schauen, ob der Riemen, der die Lichtmaschine antreibt, intakt sei. Das ginge relativ einfach, indem man einen Plastikdeckel vorn am Motorblock abschraube. Gut, dass ich einen Satz Torx unter der Sitzbank habe, denn das Bordwerkzeug der BMW enthält auch kein Torx und die meisten Schrauben an der Kiste sind ebensolche. Siehe da: Der Riemen war abgesprungen und teil-zerfleddert. Etwa zwei Drittel der ursprünglichen Breite war noch intakt, der Rest hing in Fetzen. Nun wussten wir auch, was da morgens geknallt hatte, da war nämlich dann der Riemen abgesprungen und hatte etwas im Gehäuse randaliert. Andy schnitt den zerfetzten Teil ab und brachte den Rest-Riemen wieder an. Wie das ging, hatte der Kumpel am Telefon gesagt: Man schiebt soviel wie möglich des Riemens auf die Scheiben, hält das mit einem Schraubendreher fest und jemand drückt sehr kurz auf den Anlasser, so dass die Welle dreht. Das ist nicht ganz ungefährlich aber etwa beim vierten Versuch gelang es. Da der Riemen nicht mehr intakt war, mussten wir trotzdem am nächsten Tag zu BMW für einen frischen, aber das war wesentlich besser als eine Lichtmaschine zu suchen.

Der Abend klang dann bei hervorrangendem Fleisch vom heißen Stein im angegliederten Restaurant aus. Das Frühstück am nächsten Morgen war ebenfalls ausgezeichnet. Das Hotel wirbt mit einem Pool, der ist aber eher klein – aber wir waren ja auch nicht zum Baden dort. Gefahrene Kilometer an dem Tag: Keine Ahnung, aber ich hatte etwa 200 mehr als Andy 😉

Am nächsten Tag dann erstmal zu BMW auf der anderen Seite der Stadt. Nächste Überraschung: Der dortige Schrauber hatte einen Tag frei genommen und weitere gab es nicht. Das mit der Lichtmaschine wäre also zum Problem geworden, aber den Riemen hatten sie zum Glück da und man hat uns auch im Schatten in der Werkstatt schrauben lassen – man wusste ja nun, wie das geht.

Die ursprüngliche Tour konnten wir nun aus mehreren Gründen vergessen. Die Erdbeben führten zu vielen Straßensperrungen, wir hatten einen ganzen Tag verloren und schließlich wollten wir nicht wie ursprünglich geplant an einem Tag mit dem Auto aus der Gegend von Bologna bis nach Hause fahren sondern lieber an 1,5 Tagen oder an zwei. So beschlossen wir, gemächlich mit einer Übernachtung zurück durch die Toskana zu fahren. Pause gab es am fast touristenfreien Lago del Salto mit leckerem Käse, Brot, Salami und Showeinlage: Ein Löschflugzeug übte das Aufnehmen von Wasser aus dem See im Flug. Dass es eine Übung war sah man daran, dass das Wasser gleich wieder abgelassen wurde.

Eine Übernachtung fanden wir im Hotel Florenz in Chianciano Terme. Wir waren die einzigen Gäste in dem sehr netten Hotel und als wir die Peroni ausgetrunken hatten kamen sie dann endlich mit den Morettis um die Kurve. Um uns anschließend mitzuteilen, dass das Restaurant im Haus leider geschlossen hätte, aber es gäbe im Ort zum Beispiel eine Pizzeria. Wir landeten dann in einer Pizzeria mit angeschlossenem Delikatess-Markt. Man bestellte Pizza an der Kasse des Marktes, wo man sich auch seine Getränke kaufte. Zuerst war es relativ leer, später dann war der Laden rappelvoll und wir froh, einen Tisch zu haben. Ein schöner Abend mit gutem Essen und gutem Wein!

Auch das Frühstück im Hotel am nächsten Tag war außergewöhnlich. Wir waren die einzigen Gäste, daher wurde alles an unserem Tisch aufgebaut. Es gab nicht nur Croissants, Kaffee, heiße Milch, Marmelade, selbstgebackenen Kuchen sondern auch ausgezeichneten Peccorino und Parmaschinken, Tomaten mit selbst gemachtem Pesto. Der Plan für diesen Tag war, auf die Route des ersten Mopedtages zu treffen und jene in anderer Richtung zu fahren. Der Tag hatte uns am meisten Spaß gemacht, aber irgendwie war es das an dem Tag nicht. Wir haben irgendwann dann das Hotel direkt eingegeben und sind am späten Nachmittag dort angekommen.

Wir hatten an allen Tagen übrigens Glück mit dem Wetter, aber gerade an diesem Tag war das Glück enorm: Eine Gewitterfront ist um uns herum gezogen, ohne dass wir einen Tropfen abbekommen hätten! Als wir dann die Mopeds auf den Anhänger luden und dafür den Hänger rangierten und schräg stellen kam eine ganze Badewanne voller Wasser von der Plane herunter.

Noch eine Übernachtung im Hotel Sapori mit leckerem Abendessen, bei dem natürlich die Pilze nicht fehlen durften.

Am nächsten Tag wieder im Auto gen Norden. Da wir den Brenner meiden wollten, war der Plan, in Meran ein Mittagessen einzukaufen und dann auf dem Timmelsjoch zu essen: Ein ausgezeichneter Plan! Bei Erdbeeren, Meraner Kaminwurz, Käse und dem leckersten Brot der Tour konnten wir eine Menge lustiger Gefährte den Pass in mehr oder weniger ambitionierten Geschwindigkeiten hoch und runter fahren sehen.

Wir steuerten Kempten an, um uns dort eine Übernachtung zu suchen. Erstaunlicherweise war dort alles ausgebucht und sowieso nicht sehr günstig. Ein bisschen Internetrecherche und ein Anruf brachte uns nach Marktoberdorf in das Cafe‘-Hotel Greinwald. Ein nettes Hotel in einem ruhigen Ort, was man gerne nochmal besucht, wenn man in der Gegend ist.

Letzter Tag: Ereignislos fuhren wir bis Malsfeld, wo mein Moped abgeladen wurde. Verabschiedung und ab nach Hause, es blieb trocken.

Gefahrene Strecke: 2138,2 km (ich, Andy weniger). Das war eine schöne Tour, wenngleich wir doch manches lieber weg gelassen hätten oder anders geplant hätten. Aber wir haben ein paar schöne und interessante Tage verbracht, sind auch ein bisschen Moped gefahren und hatten auch ’ne Menge Spaß. Auf die Kurve!

 

 

Auch Andy schrieb einen Bericht, der in der Zeitschrift des Braunschweiger BDB erschien.